Vortsetzung von „Story zu einem grossen Fund“

„The big one“

 

Während Rolf noch auf seinem kleinen “Patch” arbeitete den er in sichtweite von unserem grossen Fund entdeckt hatte, versuchte ich einen Zusammenhang der beiden angereicherten Lokationen zu finden indem ich den dazwischen liegenden Boden kreuz und quer absuchte.

Aber aller gute Wille nützte nichts. Nicht ein einziges Krümelchen Gold konnte ich dem Boden entlocken. Aber das spielte keine Rolle, denn das dämliche grinsen dass mir mein letzter „Patch“ aufs Gesicht gesetzt hatte war nicht tot zu kriegen. Und im übrigen fand Rolf im Moment genug um uns beide bei Laune zu halten. Nach ein paar recht mageren tagen an denen ich nur zwei Nuggets in der Grössenordnung von fünf gram verbuchen konnte, führte mich mein endloses Wandern in ein „Gully“ auf der Westseite der „Ridge“ die wir im Moment bearbeiteten. Was sich an diesem Tag abspielte kann unter „Story zu GN049“ nachgelesen werden. Ich werde hier fortfahren vom Tag danach.

Auch Rolf  hatte sich in der Zwischenzeit wieder auf die Suche nach einem anderen Fundort gemacht. Während er sich auf dem Hügelrücken in Richtung Nord-Nordost voranarbeitete, blieb ich in dem kleinen Bachlauf vom Vortag, der ungefähr in die selbe Richtung lief und arbeitete mich langsam voran. Nach mehreren Stunden Arbeit die mir nur drei kleine Nuggets bescherten, entschloss ich mich einfach nur langsam dem Bachlauf zu folgen ohne alles aufzuräumen. Ich wollte einfach sehen ob ich irgendwo über etwas interessantes stolpern konnte. Aber ich hatte kein Glück. Auf dem Weg zurück zum Auto entschied ich mich nach dem Mittagessen einer kleinen Erosionsrinne zu folgen die sich ungefähr 30 Meter entfernt vom GN049 Fundort in die Westflanke des Hügels gefressen hatte. Kurz nachdem ich mich in unseren „Mini Moke“ gesetzt hatte, tauchte auch schon Rex schwanzwedelnd auf und begrüsste mich stürmisch. Dieser Hund hat uns sehr viele gute Zeiten beschert und wir hätten uns keinen besseren Kameraden im Busch wünschen können. Wir machten alles mit ihm zusammen. Wir nahmen ihn hinunter in unsere Untergrund Edelsteinmine, fuhren mit ihm Motorrad und wenn wir für jemanden arbeiteten auf Baumaschinen, verbrachte er ganze Tage in der Kabine mit einem von uns. Reisen, Jagen, Schwimmen, Goldsuchen. Ohne ihn ging gar nichts. Da er jeden Tag seines Lebens (er wurde über 17 Jahre alt) mit uns verbracht hatte, war er total auf uns fokussiert und tolerierte nichts und niemanden in der nähe von unseren Sachen. Unser Auto war sein absolutes Heiligtum. Um da etwas zu stehlen hätte man dieses Tier erschiessen müssen. Sobald eine fremde Person unseren Wagen berührte, verwandelte sich unser liebevolle, treue, niedliche Kamerad in eine absolute Furie. Da wurden ganz deutliche Grenzen gesetzt die nie jemanden in Zweifel gelassen hätten was eine angebrachte Sicherheitsdistanz ist. Aus dem Auto raus war er gegenüber anderen Leuten zwar tolerant aber erhoben. Er machte es klar dass er sie einfach nur duldete solange wir auch da waren. Für uneingeladene Fremde die bei unserem Camp auftauchten war der beste Platz auf einem möglichst hohen Baum.

Kurz nachdem Rex es sich im Auto bequem gemacht hatte, tauchte auch Rolf aus dem Unterholz auf. Er hatte auch, wie ich gestern, zwei Nuggets in der Grössenordnung von je fünf gram gefunden aber anschliessendes „Gridden“ (systematische Suche anhand eines geometrischen Gittermusters) hatte keine weiteren Erfolge gebracht. Das Wetter war sehr angenehm im Vergleich mit gestern. Nach einem recht kühlen Morgen, blieben die Temperaturen unter dem mit dicken Wolken überzogenen Himmel sehr moderat. Da mit  anrückendem Sommer solche Verhältnisse eher selten werden, begnügten wir uns mit einer kurzen Mittagspause und machten uns voller Ungeduld wieder an die Arbeit. Zurück bei der Erosionsrinne, arbeitete ich mich langsam zwischen deren steilen Seitenwände den Hügel hinauf und ergatterte dabei das eine oder andere kleine Stück Gold.                                                                                                   

So verbrachte ich den Rest des Tages und konnte kurz vor dem eindunkeln noch ein schönes Quarzfragment das mit über zehn gram des begehrten Edelmetalls durchzogen war, ausgraben. Es befand sich auf der Fläche oben, nahe am Rand einer der Steilen Seiten der Rinne. Die vielen stacheligen Büsche würden es nicht einfach machen diesen Teil des Hügels abzusuchen ohne grösseren Aufwand. Aber dieses Problem liess ich gelassen für den nächsten Tag. „Für heute ist genug“ dachte ich mir und machte mich auf den Rückweg zu unserem Auto. Bei Rolf hatte sich noch ein Nugget und ein Quarzspezimen in dem mehrere gram Gold enthalten waren freiwillig ergeben und wurden von ihm abgeführt. Wir hatten beide einen erfolgreichen Tag gehabt und wir konnten es kaum erwarten herauszufinden was für Überraschungen der nächste Tag für uns bereit hielt. Das schöne an diesem Hügel war die Tatsache dass es keinerlei Hinweise auf Schürfaktivitäten der „Oldtimer“ gab und wir konnten auch keine Hinweise finden dass schon jemand mit der neuen Generation Metalldetektor vor uns hier gewesen wäre.

Der nächste Morgen war erstaunlich kühl und wir zitternd den ganzen Weg vor Kälte in unserem offenen Wagen während wir durch den Busch fuhren. Unter dem noch immer dick mit Wolken behangenen Himmel erreichten wir unsere „Ridge“ bevor es hell wurde. Dies erlaubte uns den Wagen unbeobachtet etwas besser zu verstecken als am Vortag. Wir wollten den Platz schliesslich für uns alleine. Bei solch moderaten Temperaturen wie am Vortag, wäre es absolut möglich das uns einige „Angenehmwetter Goldsucher“ plötzlich in die quere kommen. Um dies zu vermeiden, nahmen wir dann auch einen längeren Fussmarsch in kauf.

Wir deponierten unsere Rucksäcke bei einem grossen „Blackbutt“ (Eukalyptusbaum) der neben dem „Gully“ wuchs bei dem ich arbeitete. Während ich sofort anfing die Gegend um den letzten Fund von gestern systematisch abzusuchen, machte sich Rolf auf den Weg zu seinem Arbeitsplatz vom Vortag. Bei mir haperte es aber den ganzen Morgen gewaltig.

Zum Glück hatte ich mich Dank des kühlen Wetters entschlossen heute lange Jeans zu tragen, denn die vielen dichten Gebüsch mit ihren brutalen, nadelspitzen Stacheln durchdringen ungeschützte Haut schon bei der geringsten Berührung. Wo immer es möglich war, streckte ich die Suchscheibe meines Minelab Detektors in- und unter diese verflixten Goldbüsche. (diesen Namen gaben wir ihnen weil sich Gold gerne darunter versteckt hält.) Alles was es gebraucht hätte, wäre ein kleines Nugget um zu zeigen dass sich das begehrte Edelmetall tatsächlich in diesem Stacheldraht ähnlichen Gewirr versteckt hielt und ich hätte kurzen Prozess mit dem überflüssigen Unkraut gemacht. Ich probierte alles und überall aber nichts half. Ich konnte nicht ein einziges kleines Nugget aus seinem Versteck locken. Als Rolf plötzlich durch die Büsche auf mich zu kam wurde mir erst bewusst dass sich der Morgen schon wieder verabschiedet hatte, und es Zeit für eine Mittagspause war.  Rolf fragte: „How did you go?“, (wie ging’s bei dir?) was ich mit einem etwas enttäuschten kopfschütteln beantwortete. Alles was ich vorzuzeigen hatte waren verstochene Hände und Beine und Kratzer überall.

Ohne sein Gesicht auch nur ein bisschen zu verziehen, lamentierte er: „ Ich habe den ganzen Morgen auch nur ein einziges Nugget gefunden“ und schmiss mir einen über sechsunddreissig gram schweren Klumpen Gold entgegen. „Wow, what a lump“, (was für ein Klumpen) war das intelligenteste dass ich in dem Moment herausbrachte. Er hatte dieses Stück nicht weit weg vom Ende meines „Gullys“ entdeckt und wir entschlossen uns unsere Pause dort an einen gemütlichen Platz bei einem grossen, umgestürzten Baum zu verbringen. Den Spuren nach zu schliessen wurde dieser von Termiten komplett ausgehölte Stamm von einem kleinen Wallaby bewohnt, welches sich aber durch unsere Anwesenheit überhaupt nicht aus der Ruhe

bringen lies und seine Siesta in gewohnter Manier fortsetzte.

Nachdem wir eine angenehme Mittagspause in der herrlich wärmenden Sonne die sich in der Zwischenzeit durch die Wolkendecke kämpfte verbracht hatten, machten wir uns wieder an die Arbeit.

Das Wetter spielte immer noch mit. Noch vor zwei tagen erreichte die Temperatur 40°C während sie heute nach einem frostigen Morgen nur gerade mal auf angenehme 24°C kletterte.

Ich begab mich wieder zurück zu dem „Gully“ an dessen Seiten ich den Morgen verbracht hatte und arbeitete mich langsam den flachen Hügel hinauf. Die sehr seltenen Regengüsse in dieser Gegend hatten sich über viele Jahre durch die dünne Kiesschicht gefressen und so den roten Lehmboden entblösst. Zu meiner freudigen Überraschung steckte tatsächlich das ein oder andere kleine Nugget in dieser stark mineralisierten Lehmschicht. So verbrachte ich den Nachmittag weiterhin in dieser „Erosionsrinne“ und an deren immer flacher werdenden Seiten. Das gefundene Gold war sehr klein, unter einem Gram und stark abgenützt. Aber die umliegende Gegend sah sehr vielversprechend aus.

Während die Sonne langsam wie ein glühender Feuerball hinter die nächste Hügelkette sank,  verfärbte sich der Himmel mit wunderbaren Pastelltönen. Dutzende von Krawallligen Kakadus suchten sich Plätze zum übernachten in den höchsten Wipfeln der zahlreichen „Blackbutt“ Eukalyptus Bäume. Es wurde anscheinend Zeit um Feierabend zu machen. Ich hatte inzwischen das Ende des „Gullys“ erreicht und wollte dieses verlassen in Richtung „Chalet Walaby“  von dem ich nur mal gerade 30 Meter entfernt war, als ich ein gutes Signal meines Detektors wahrnahm. Wenige Schläge meiner Spitzhacke beförderten ein schönes 1.5 gram Nugget aus dem orange-roten Lehm an das schnell schwindende Tageslicht. „Super“ dachte ich mir. „Das gibt mir einen Grund morgen früh hier noch ein bisschen rum zu stöbern“. Während ich unsere Wolldecke vom Boden aufhob und zusammenrollte, watschelte Rex fröhlich mit seinem Schwanz wedelnd aus dem Dickicht mit Rolf hart auf seinen Fersen. Es wurde langsam spät und wir mussten uns beeilen, wollten wir nicht unser Auto im Dunkeln suchen. Auf meine Frage an Rolf, wie es ihm ergangen sei sagte er: „Kein Patch aber noch zwei Nuggets. Einfach sehr weit voneinander entfernt“. Auf dem Weg zu unserem Fahrzeug zeigte ich ihm noch schnell wo ich das letzte Nugget gefunden hatte und er stimmte mit mir überein dass es wohl Sinn mache, hier morgen noch etwas weiter zu suchen.

Zum Glück ist mein Bruder im Busch wie ein Kompass auf zwei Beinen. Ohne auch nur den Anschein eines Zweifels führte er uns durch den teilweise recht dichten Wald direkt zu unserem „Mini Moke“. Im halbdunkeln machten wir uns dann auf den Weg zurück zu unserem Camp.

Während ich ein Feuer machte um einen 20 Liter Kübel voll Wasser für unsere Dusche zu erhitzen, reinigte Rolf sein Gold im Schein einer 12 Volt Neonröhre. Ohne auch nur ein Wort zu sagen, legte er die Nuggets auf den Tisch neben der Feuerstelle und fing an mit den Vorbereitungen für unser Abendessen. Ich staunte nicht schlecht als ich Teller, Messer und Gabeln auf den Tisch legte und sah was Rolf da so achtlos hingeschmissen hatte. Drei Nuggets von 36.60g., 33.40g. und 15.70g. lagen da und glänzten um die Wette miteinander im flackernden Licht unseres Campfeuers. Mein Bruder ist immer für eine Überraschung gut.

Der nächste Morgen fand uns sehr früh zurück bei unserer Fundstelle. Während Rolf im noch halbdunkeln Busch verschwand, fing ich an das eher offene Gelände oberhalb der Erosionsrinne ab zu suchen. Ungefähr 25 Meter davon entfernt bei einem grossen Eukalyptusbaum erwischte ich dann das erste kleine Nugget. Ich fing sofort systematisch an zu suchen und wurde mit einem kleinen Nugget nach dem anderen belohnt. Alle drei- vier Schritte ertönte ein Signal in meinem Kopfhörer das ich graben musste und jedes Mal produzierte dieser Aufwand ein kleines Stück Gold. Auf einer Fläche von ungefähr 5m x 7m rings um diesen Baum grub ich sage und schreibe 18 kleine Nuggets aus. Viele der Signale waren kaum hörbar da die Nuggets alle unter einem Gramm waren und meist sehr tief in dem mineralisierten Lehm steckten. „Na wenn das so weitergeht, werde ich bis am Abend mehrere Unzen Gold in der Hosentasche haben“ dachte ich mir. Das hätte ich aber lieber bleiben lassen sollen. Denn kurz nach diesem erfreulichen Gedanken war Schluss.

Wie abgeschnitten war es. Ich versuchte noch bis am Mittag in immer grösser werdenden Kreisen rings um den Baum eine Weiterführung der Anreicherung zu finden, aber da war nichts mehr zu machen. Wie „Ned Kelly“ (berühmter australischer Verbrecher oder Volksheld, je nach dem mit wem man spricht) sagte, kurz bevor man ihn hängte: „Such is life“ (so ist das Leben) . Ich entschied mich kurz vor der Mittagspause aufzugeben und die weitere Umgebung unter die Suchscheibe meines Metalldetektors zu nehmen in der stetigen Suche nach einem neuen „Patch“. Damit ich sehen konnte wo ich schon war, befestigte ich eine schwere Eisenkette an meinem Gürtel die eine gut sichtbare Spur auf dem staubtrockenen Boden hinterlässt wenn man sie hinter sich herschleift. Ich wanderte langsam Richtung Nordosten durch eine grosse Anzahl stacheliger „Goldbüsche“ die mir den Weg zu etwas offenerem Gelände versperrten. Die von meiner Kette hinterlassene Schleifspur hätte einer orientierungslosen mit Drogen vollgepumpten Schlange alle ehre gemacht. Immer wieder musste ich im Zickzack Kurs einen Weg durchs Unterholz suchen. Als ich mich endlich durch diese Wand von natürlichen Nadelkissen hindurch gekämpft hatte, änderte der Charakter der Landschaft drastisch. Der Boden wechselte von hellbraunem Staub mit reichlich Eisensteinen zu grauem Quarzkies. Die eher verkrüppelten, knorrigen Bäume und stachligen Büsche wurden abgewechselt von vielen majestätisch gewachsenen „Black Butt Eucalyptus“. Eine dicke Schicht abgeworfener Baumrinde überdeckte einen Grossteil des Erdbodens und machte meine Kette absolut nutzlos, da sie einfach nur darüber glitt ohne eine Spur zu hinterlassen. Nach nur wenigen Schritten nahm ich eine kleine Änderung des Audiosignals meiner Suchmaschine wahr und fing an zu erforschen was der Grund dafür sein könnte. Nachdem ich die Schicht Baumrinde mit der Sohle meines Schuhs weggekratzt hatte, schwang ich die Suchscheibe des Detektors erneut über die verheissungsvolle Stelle am Boden. „Das hört sich aber gut an“, dachte ich mir als ein schwaches aber eindeutiges Signal aus dem Kopfhörer erklang und meine etwas gelangweilten Lauscherchen entzückte. Gerade als ich meine Spitzhacke in den zweiten Gang warf um das Signal verursachende stück Metall dem australischen Kontinent zu entreissen, hörte ich mehrere dumpfe Paukenschläge dessen Verursacher nur mein Bruder sein konnte. Er hämmerte drei mal mit der Spitzhacke hart gegen einen hohlen Baumstamm. Diese Nachricht  bedeutet in unserem Buschtelegraphencode „Mittag“. Mit wenigen Schlägen meines Grabinstrumentes grub ich schnell ein kleines etwa 10cm tiefes Loch in den Boden und schwang meinen Detektor über die Vertiefung. Das davon resultierende Signal war über alle Zweifel erhoben. In der Hitze des Gefechts vergas ich die Mittagspause, denn „Gold“ war der einzige Gedanke in meinem Kopf. Nach kurzer Zeit hatte ich die Vertiefung in alle drei Dimensionen um einiges vergrössert und der Signalverursacher befand sich inzwischen nicht mehr im Boden sondern auf dem beachtlichen Haufen grau-weissem, zuckerigem Quarzkies zu meinen Füssen. Ich nahm eine Handvoll Kies nach der anderen und schwenkte sie über die Suchscheibe meines Detektors. Beim dritten Versuch nahm ich ein lautes Signal wahr und fing an das Erdreich langsam auf die Suchscheibe zu rieseln bis der Piepston ankündigte dass sich das Metall nun darauf befand. Das Nugget war nur klein aber sehr willkommen. Es war komplett mit Hämatit überzogen und wog nur knapp über einem halben gram. Wenn man die organische Bodenbedeckung (Rinde) mit einrechnet, hatte ich dieses stück Gold aus einer Tiefe von über 35cm geborgen. Das ist nicht schlecht und gibt Selbstvertrauen.

Rolf konnte bis zur Mittagspause keine Erfolge verbuchen. Er war aber eher überrascht als enttäuscht. Nach den Erfolgen des gestrigen Tages hatte Mutlosigkeit und Frustration keine Chance. Mit unerschütterlicher Sturheit „griddete“ er die Umgebung der Fundstätte vom Vortag.

Nach einer sehr entspannenden Pause fand ich mich wieder vollgetankt mit Energie und Zuversicht bei meiner Fundstelle. Wie üblich in so einer Situation fing ich an den Boden aufzuräumen und systematisch abzusuchen. Aber es wollte zuerst nicht so richtig klappen. Der Gedanke dass das am Vormittag gefundene Nugget vermutlich nur ein Einsiedler war schlich sich langsam und ungewollt wie ein Einbrecher um Mitternacht in meinen Kopf.

Erst als die langsam untergehende Sonne immer länger werdende bizarre Schatten auf den staubtrockenen Boden zeichnete und ich im Begriff war aufzugeben, gelang es mir seinen fast achtzig gram schweren grossen Bruder in die Enge zu treiben und zum aufgeben zu zwingen. Was für ein Ende zu einem sonst eher monotonen und ereignislosen Tag. Das Nugget war zwar nicht wirklich schön da es mit einer Schicht dunkelbraunem Hämatit überzogen und von bröckeligem Quarz durchsetzt war. Aber es fühlte sich sehr gut an in meiner Hand. Diesmal war es mein Privileg des Partners Augen zum leuchten zu bringen denn Rolf hatte auch am Nachmittag kein Glück. Nicht ein einziges Krümelchen Gold hatte er heute gefunden. Aber das gehört nun mal zum Goldsuchen und macht uns meist nichts aus. Unsere Philosophie lautet: „Jeder Tag ohne gefundenes Gold bringt uns einen Tag näher zum nächsten Nugget“.

Der folgende Tag begrüsste uns wieder mit frostigen Anfangstemperaturen und einem strahlend blauen Himmel. Müssten wir nicht unseren Unterhalt verdienen und wäre da nicht dieser unbeschreibliche Adrenalinkick beim finden eines Goldnuggets im Nirgendwo, könnte ich tagelang nur einfach durch diese unbeschreiblich faszinierende und wilde Landschaft wandern und mich an deren Schönheit ergötzen. Aber Schluss mit Philosophieren. Der Ruf des Goldes lockte unaufhörlich. Aus der Richtung in die ich meinen Bruder und Rex verschwinden sah, kamen die unverwechselbaren Geräusche schweißtreibender Arbeit.

Es war an der Zeit dass ich mich auch an die Arbeit machte. Den Detektor langsam schwingend begab ich mich auf den Weg zu meiner gestrigen Fundstelle. Und weiter ging es. Aufräumen, Schwingen, Graben. Aufräumen, Schwingen und Graben. Da der Boden sehr stark mineralisiert ist, musste häufig gegraben werden, um durch die Bodenmineralisation hervorgerufene Signale zu überprüfen. Elektronisches Goldprospekten ist beileibe nicht so einfach wie es sich anhört. Vor allem nicht wenn man davon leben will. Es war mal wieder so ein Vormittag, an dem es einfach nicht klappen wollte. Ich plagte mich mit sehr viel Gestrüpp und umgefallenen Bäumen ab. Die sporadisch auftretenden falschen Signale verlangten höchste Konzentration. Plötzlich vernahm ich ein leises Rascheln im trockenen Laub hinter mir. Ob die wärmenden Sonnenstrahlen wohl eine Schlange aus ihrem Versteck gelockt haben? Langsam drehte ich meinen Oberkörper und was ich erblickte war natürlich nur unser Mate Rex. Er hat es sich zu seiner Aufgabe gemacht zwischen Rolf und mir hin und her zu pendeln wenn wir außer Sichtweite voneinander arbeiten. Auf seinen Rundgängen macht er auch sicher dass wir nicht von anderen Personen überrascht werden. Der Suchmaschine entledigt, setzte ich mich auf einen der vielen Termiten Hügel. Mit wedelndem Schwanz gesellte sich Rex zu mir und genoss eine wohlverdiente Streicheleinheit. „Könntest du vielleicht aufhören mir von hinten anzuschleichen du „Arsch“, was ist eigentlich falsch mit meiner Vorderseite“? Fragte ich ihn. (Wir kennen uns schon sehr lange. Er nimmt solche Anreden nicht Persönlich) Könnte er reden, wäre seine Antwort vermutlich auch nicht schmeichelhafter ausgefallen. Sein Miene schien zu sagen: „Habe ich dich etwa erschrocken? Na dann ist ja mein Plan aufgegangen. Wo liegt das Problem?“ Rolf und ich hätten uns keinen besseren Weggefährten wünschen können als diesen Hund.

Nach wenigen Minuten und einem Schluck Wasser machte ich mich wieder an die Arbeit. Diese kurzen Unterbrüche sind sehr willkommen, denn sie helfen der mentalen Anstrengung entgegen zu wirken. Starke Konzentration wird verlangt um die Vielfalt der Töne zu Identifizieren, die von den Mikroprozessoren des Detektors in Richtung der Ohren geschleudert werden.

Rex hatte es sich inzwischen an der Sonne bequem gemacht. Er beobachtete mich ein Weilchen bei der Arbeit bevor er sich wieder langsam auf den Weg zu machen schien. Er musste ja seine Herde unter Aufsicht halten.

Und Piep machte der Detektor. „Yes. Das hört sich gut an.“ Dachte ich. Schnell kratzte ich eine kleine Vertiefung in den kiesigen Boden. Wie üblich buddelte ich nur etwa 3-5cm tief über eine Fläche von circa 40cm X 40cm. Das genügt um einen besseren Eindruck des Signals zu bekommen. Und siehe da, eindeutig nicht Mineralisation. Es wurde interessant. Ich beugte mich nach vorne und wollte gerade wieder mit der Spitzhacke zuschlagen als sich eine feuchte Nase von hinten zwischen meine gespreizten Beine schob. „Rex“. Und schon wieder von hinten. Muss wohl meine weniger Furcht einflössende Seite sein. Er verabschiedete sich mit zwei, drei kurzen Wedelbewegungen seines krummen Schwanzes und verschwand im Dickicht.

Bleikugeln aus Schrotflinten geben häufig ein Signal das sich verdächtig nach einem tief im Erdreich verborgenen Nugget anhört. Aber selten liegen gesagte Projektile tiefer als 2-3 Zentimeter unter der Erde. Nochmals grub ich etwas tiefer und schwang dann die Suchscheibe über die ungefähr 15 Zentimetrige Vertiefung. Meine Hände zitterten. Adrenalin floss im Überschuss, denn das Signal war laut und es war eindeutig dass die Ursache ein noch tiefer im Knochen trockenen Boden verborgenes stück Metall sein musste. Da es keine Anzeichen gab dass einer der Oldtimer den Boden schon mal aufgewühlt hätte, bedeutete dies mit fast hundert Protzentiger Sicherheit ein Gold Nugget. Ich schürfte vorsichtig weiter. Zeit spielte keine Rolle. Was zählte war, dass ich die Spitzhacke nicht mitten durch das Objekt meiner Begierde hämmerte. Es wäre endlos schade gewesen diesen Schatz der Natur mit einem unachtsamen Schlag zu zerstören. Nochmals 25 Zentimeter tiefer und das Signal befand sich nicht mehr in der, zu einem beträchtlichen Loch mutierten Vertiefung. Ein kurzer Schwung der Suchmaschine über den Haufen Kies, Sand und Staub der vor kurzem noch ein fester Bestandteil des Australischen Kontinents war, zeigte dass sich das Signal verursachende stück Metall jetzt da drin befand. Mit dem Metalldetektor zu meinen Füssen liegend, nahm ich eine Hand voll Dreck nach der anderen und schwang sie über die Suchscheibe. Endlich, beim dritten Versuch ertönte der Heißersehnte Signal Ton in meinem Kopfhörer. Voller Erwartung öffnete ich meine Hand, und sofort Schoss mir durch den Staub ein Goldgelbes funkeln entgegen. „Yesss“, war alles was über meine trockenen Lippen kam. Mit zittrigem Daumen und Zeigefinger hob ich ein zwar schmutziges aber trotzdem wunderschönes 6½ gram Nugget aus dem leicht gräulichen Dreck in meiner Hand. Dies war nun das dritte stück Gold aus einer Fläche von ungefähr 15 Meter bei 8 Meter. Das war sehr viel versprechend.

Nach dem ich Loch und ausgehobenes Material nochmals mit dem Detektor kontrolliert hatte um sicherzustellen das sich nicht noch ein weiteres Nugget darin verbarg, schob ich das gegrabene Erdreich zurück in die Vertiefung und kennzeichnete die Stelle mit einem Faustgrossen Stein. Markiert man jedes Loch aus dem ein Goldstück geborgen wurde, ist es manchmal möglich ein Muster zu erkennen. Das kann mitunter sehr hilfreich sein.

Nach einem wohlverdienten Schluck Wasser und mit neu gewonnener Motivation machte ich mich mit einem großen Lächeln auf dem Gesicht wieder an die Arbeit. Wie es wohl Rolf ergangen ist fragte ich mich noch beiläufig. Die restlichen zweieinhalb Stunden des Morgens Griddete ich gemütlich weiter. Es gibt nichts besseres für die innere Ruhe, als die Gewissheit dass sich des Tages Lohn bereits auf der Zunge im Mund befindet. Zehn Minuten später, spuckte ich die grau-braune brühe aus die sich in meinem Gaumen angesammelt hatte, und bestaunte ein fast sauberes Nugget. Einfach toll! 

Da es bald Zeit für die Mittagspause war, räumte ich noch schnell ein großes stück Waldboden auf. Anschließend spazierte ich, mit Detektor langsam schwingend in Richtung „Kantine“. So konnte ich am Nachmittag sofort wieder loslegen ohne mich erst abzurackern.

Rolf und Rex hatten es sich bereits auf einer Wolldecke in der Sonne bequem gemacht. 

Der Gesichtsausdruck meines Bruders sprach Bände.

Gold war die Ursache des Lachens. Seine ersten Worte waren: „Ich glaube mein Detektor spinnt“. „Warum, was ist das Problem“ Fragte ich. Und während er langsam seine schwielige rechte Hand öffnete, bemerkt er. „Das Ding findet nur noch große stücke“. Auf seiner flachen Hand glitzerten drei erstklassige Klumpen Gold die, wie sich später herausstellte, zusammen fast 50 gram auf die Wage brachten. „Na das schlägt doch Zuhause im Bett liegen allemal, oder“? War mein Kommentar zu diesem Anblick. Der Hunger der mich vor kurzem aus dem Unterholz getrieben hatte war inzwischen vergessen. Rolf warf mir das größte seiner drei Nuggets zur Begutachtung zu. Knapp über eine Unze Gold. 31.20 gram vom feinsten. Ein unbeschreibliches Gefühl. Alles in allem ein sehr guter Morgen. Da waren wir uns einig.

Mit dem Rücken, gegen „Chalet Walaby“ gelehnt, vertilgten wir ein leichtes Mittagessen in der angenehm warmen Sonne. Von kalten +5°C heute Morgen, war das Quecksilber inzwischen bis auf fast +20°C gestiegen. Queensland Winter sind einfach unschlagbar. Den Boden als Bett und den Rucksack als Kopfkissen missbrauchend, genehmigten wir uns eine halbe Stunde Ruhe. Während ich einen „Butcher Bird“ beobachtete der keine fünf Meter entfernt im Dickicht sein Küken fütterte, döste ich ein. Ein Motorsäge ähnliches Geräusch beendete meine beunruhigenden Träume von Nuggets die zu gross waren um sie alleine tragen zu können. Ich hob den Kopf und sah dass Rolf bereits wach war. Wir schauten einander an und fingen an zu lachen. Rex lag, wie üblich zwischen uns zwei. Er schlief auf seinem Rücken mit allen vier Beinen in die Luft ragend und Schnarchte mit einer Vehemenz die Bäume erzittern lies. Rolf bemerkte mit einem schütteln des Kopfes.  „What a live“ (Was für ein Leben).

Während wir noch etwas Flüssigkeit zu uns nahmen und die Wasserflaschen an den Gürteln auffüllten, besprachen wir unser weiteres vorgehen. Wir beschlossen an unseren respektiven Patches weiter zu Arbeiten. Rex hatte inzwischen seine Kettensäge ausgeschaltet und beobachtete uns mit unschuldigem Blick. 

Der Nachmittag verlief zuerst etwas monoton. Meine Aufräumen muss die Nuggets wohl in die Flucht geschlagen haben. Sie versteckten sich sehr gut. Um etwa 15:30 Uhr entschloss ich mich der Sache noch eine halbe Stunde mit voller Konzentration zu geben und nachher noch etwas aufzuräumen, damit ich am folgenden Tag mit frischem Kopf und neuem Enthusiasmus wieder loslegen konnte. Die Stetige Konzentration ist sehr strapaziös. Es ist besser etwas früher aufzuhören als ein gutes aber sehr leises Signal wegen Unkonzentriertheit zu verpassen. Es gab manchmal Wochen, da fanden wir nur ein oder zwei stück Gold. Sollte man die, durch Übermüdung verpassen, wäre die ganze geleistete Arbeit um sonst gewesen. Nach einem Schluck lauwarmem Wasser und 5 Minuten Pause, mobilisierte ich noch mal all meine Kräfte und legte wider los. Da war ich also, die Unschuld in Person. Nichts Böses ahnend, schwang ich meinen „Minelab“ Metall Detektor als Plötzlich hinter mir die Hölle loszubrechen schien. 

Ein Lautes knistern und krachen ertönte aus dem sehr dichten Buschwerk. Mein erster Gedanke war: „Wildschweine.“ Und dieser Gedanke war nicht sehr abwegig den immer wieder sahen wir Spuren dieser vierbeinigen „Bulldozer“ im Busch. Wildschweine können sehr gefährlich sein wenn sie Junge bei sich haben. Während ich meine Spitzhacke aus der Halterung am Gürtel riss, schauten sich meine Augen nach dem nächsten Baum um auf dem ich mich in Sicherheit hätte bringen können. Gerade wollte ich losstarten, da hörte ich die Schreie: „ICH HAB IHN, ICH HAB IHN“. 

Sofort wurde mir klar wer da wie ein durchgedrehter Büffel durch das Dickicht donnerte.

Als ich Rolf das letzte Mal sah erschien er mir noch Normal. Nun, wenigstens für unseren Standart Normal. Was ihn in der Zwischenzeit dazu gebracht hatte komplett über zu schnappen war mir nicht bewusst, blieb aber nicht lange ein Rätsel.                                                                                                                                                                                  

Kurz nachdem er mitten durch einen grossen „Goldbusch“ gestürmt kam, streckte mir mein über alle Backen strahlende ältere Bruder ein Grosses, flaches, braunes Objekt entgegen.

Unsicher ob ich ihm das offerierte Ding abnehmen oder lieber die Spitzhacke über den Schädel hauen sollte, erlaubte ich mir eine kurze Denkpause bevor ich mich für das vorherige entschied obwohl das nachherige auch seinen Reiz hat in anbetracht des mir zugefügten Schreckens.

Fast lies ich das Teil fallen, so unerwartet schwer war es. Was ich zuerst für ein mit gelbem Edelmetall durchzogenen Stein gehalten hatte, entpuppte sich in meiner Hand als ein 1122 gram Brocken Gold. Da dieser Klumpen fast vollständig mit Eisenoxid überzogen war sah er aus wie ein großer Eisenstein. Das Gewicht aber lies keine Zweifel. In meiner Hand lag das größte solide Gold Nugget dass Rolf je die ehre hatte, finden zu dürfen. „Shit Mate. It’s Gold“. Ist alles was ich zu sagen wusste. (Momente wie diese tragen nicht dazu bei meine Ausdrucksweise auf einen höheres Intellektuelles Niveau zu befördern). Das Lächeln auf Rolfs’ Gesicht erstreckte sich von Ohr zu Ohr. Dieser Gesichtsausdruck war unbezahlbar. Während ich das Nugget noch ein paar Minuten von allen Seiten bestaunte, fingen sich so einige Fragen in meiner Denkzentrale zu entwickeln: „Wo? Wie tief? Und liegt da wohl noch so etwas von der Größe herum“? Sollten die alten Azteken wirklich Recht gehabt haben, indem sie Gold Nuggets als die Tränen der Sonne bezeichneten, dann hat der uns Licht und Wärme spendende Stern aber einen Eimer voll geflennt. Denn dies war schon der zweite große Fund den wir auf dieser Ridge gemacht hatten, und was dazwischen lag war auch nicht ganz ohne. Das Total an gefundenem Gold von diesem Hügel betrug nun schon über vier Kilo des begehrten Edelmetalls.

In diesem Spiel braucht man schon auch ein bisschen Glück, aber die Göttin Fortuna lächelt nun mal lieber auf den der sich den Hintern aufreist, als auf den der nur hofft.

Für diesen Tag war aber Schluss mit arbeiten. Es war unmöglich sich noch zu Konzentrieren. Immer wieder bestaunten wir diesen Super Klumpen Gold. Was für ein Tag. Was für ein Fund.

Ich schoss noch schnell einige Photos von Rolf mit seinem Nugget und dem Loch aus welchem es geborgen wurde. Anschließend wickelten wir der Fund in unsere Wolldecke und verstauten ihn in Rolfs Rucksack. Lächelnd und mit einem unbeschreiblichen Gefühl, begaben wir uns auf den Heimweg. Es passiert nicht sehr häufig dass sich das Fundgewicht von einem Tag im Rucksack bemerkbar macht. An diesem Tag war es aber so und dies bescherte uns ein einmaliges Erlebnis.

Wir freuten uns auf einen heißen Tee, etwas gutes zu Essen und den Sonnenuntergang den wir bei einem Prasselnden Lagerfeuer genießen würden. Das Gesprächsthema dieses Abends

ist wohl nicht sehr Schwierig zu erraten. „This is life at it’s best“. Was der nächste Tag wohl bringen würde wussten wir nicht aber es war uns klar dass es sicher ein neues kleines Abenteuer sein würde. In der Ungewissheit steckt die Würze des Lebens. Ist doch so, oder?

PS: Nachdem das Nugget gereinigt war wog es noch 1020g.